Derzeit ist Wahlkampf an der Uni und überall sind Plakate der Hochschulgruppen zu sehen. Die Facebook-Gruppen werden überflutet mit Posts und auf dem Campus stehen immer wieder Menschen herum, die einem Flyer, Sticker und Stifte in die Hand drücken wollen. Unter allen Plakaten fallen insbesondere die schwarzen Plakate mit den markigen Sprüchen auf. Sie stammen von der AG Wahlen. Doch wer sind eigentlich die Menschen dahinter und was treibt sie an? Ein Interview mit den Vertretern der AG.
Medium: Zum zweiten Mal sind eure Plakate auf dem Campus zu sehen. Wie kam es dazu, dass ihr überhaupt Plakate gemacht habt?
AG Wahlen: Wir saßen 2017 in unserem Fachschaftsraum und haben Gerüchte gehört, dass der AStA zum ersten Mal keinen allgemeinen Wahlaufruf herausbringen wollte. In den Jahren zuvor gab es immer eigene Kampagnen des AStA zur Wahl. Das war für uns unverständlich, da die Wahlkampagnen in unseren Augen wichtig sind und schließlich nicht nur das StuPa und die SenatsvertreterInnen gewählt werden, sondern auch die Fachschaftsräte. Die Wahlbeteiligung ist schon sehr niedrig. Eine knapp zweistellige Wahlbeteiligung sollte für mündige BürgerInnen in einer aufgeschlossenen Demokratie eigentlich ein Grund sein, sich zu schämen. Zumal man eigentlich davon ausgeht, dass Studierende eine besonders politikaffine Gruppe sind. Aus dem Gespräch entstand die Idee, eine eigene Wahlkampagne zu machen. Uns ist es wichtig, die Studierenden zur Wahl aufzurufen.
Medium: Aber es gab doch vom AStA eine Rundmail mit einem Wahlaufruf und eine Podiumsdiskussion. Zudem sehen wir überall die Plakate der Hochschulgruppen.
AG Wahlen: Das stimmt, aber eine Rundmail eine oder zwei Wochen vor der Wahl bringt wenig und die Podiumsdiskussion und Plakate der Hochschulgruppen betreffen wieder nur das StuPa und den Senat. Die Podiumsdiskussion wird auch wenig wahrgenommen. Dieses Jahr waren auch wieder nur wenige Studierende dabei, die nicht irgendeiner Hochschulgruppe angehören. Die Videos werden auf YouTube auch nur wenig geschaut. Es fehlt eine ordentliche Kampagne, aus der deutlich wird, wie wichtig die studentische Selbstverwaltung ist.
Medium: Aber müssten dann die Fachschaften nicht selbst zur Wahl aufrufen?
AG Wahlen: Das machen auch einige. Es bringt aber unserer Meinung nach wenig, für sich Werbung zu machen, wenn die eigentliche Wahl kaum präsent ist.
Medium: Und wie bezahlt ihr eure Kampagne?
AG Wahlen: Wir haben uns als AG innerhalb unseres FSR gegründet und stellen als AG Wahlen unseres FSR beim AStA Anträge auf eine finanzielle Unterstützung.
Medium: Also erhaltet ihr das Geld vom AStA. Ist es dann nicht eine Kampagne in Kooperation mit dem AStA?
AG Wahlen: Nein, wir haben uns gerade deswegen gegründet, weil die Listen im AStA keine Kampagne machen wollten. Uns erschien es aber wichtig. Daher haben wir im letzten Jahr ein Konzept ausgearbeitet und beim AStA vorgestellt. Später gab es dann auch eine Kampagne vom AStA. Diese war unserem Konzept sehr ähnlich, schwarze Plakate mit weißer Umrandung und weißem Text. Das hat uns im ersten Moment sehr aufgeregt, da sie unserer sehr ähnlich war, auf diese Weise fühlten sich einige von uns angegriffen. Nachdem wir intern darüber diskutiert haben, wie wir damit umgehen wollen, haben wir uns dafür entschieden, als Differenzierungsmerkmal „AG Wahlen“ auf unsere Plakate zu drucken.
Medium: Ihr habt euer Konzept angesprochen. Was steckt eigentlich dahinter?
AG Wahlen: Wir wollten unser Konzept schlicht und pragmatisch halten. Unser Ziel war es ja einfach, auf die Wahl aufmerksam zu machen. Also wollten wir Plakate, die sich von anderen Plakaten und den Backsteinwänden abheben und auffallen. Deswegen haben wir sie schwarz mit weißen Umrandungen gemacht. Die Ansprache sollte witzig sein, da wir der Überzeugung sind, dass auf diese Weise die Leute über die Plakate sprechen. Wenn sie das tun, dann würden sie auch automatisch über die Wahl sprechen. So war zumindest der Gedanke dahinter. Aber während der Wahltage wollten wir noch irgendwas machen. Es war eine Idee, Ansprachen zu Beginn der Vorlesungen zu halten. Allerdings sind wir nur drei bis vier Personen, sodass dies schwierig werden würde. Daher haben wir uns überlegt, auf die Wahllokale aufmerksam zu machen, damit auch wirklich jeder gelangweilte Studi den Weg findet. Deswegen haben wir uns Sprühkreide besorgt und Schablonen gemacht. An den Wahltagen haben wir letztes Jahr mit roten und weißen Pfeilen den Weg zum Wahllokal an den Standorten auf die Erde gesprüht. Leider geht das nicht an jedem Standort. Wir würden gerne noch viel mehr Ideen umsetzen, doch zurzeit arbeiten wir zu dritt in der AG, bald sind einige von uns fertig. Wenn wir keine neuen Leute in die Gruppe kriegen, dann wird es auch keine Wahlaufrufe mehr geben.
Medium: Und wie nehmt ihr die Wirkung eurer Arbeit wahr?
AG Wahlen: Wir kriegen viele positive Rückmeldungen. Scheinbar unterhalten sich auch viele über die Plakate und finden unsere Sprüche lustig. Genauso sollte es sein. Hoffentlich schlägt sich das auch in der Wahlbeteiligung nieder. Letztes Jahr war es leider nicht der Fall. Aber es ist, wie wir auf unseren Plakaten schreiben: „12,2 %: This is why we can’t have nice things“. Wenn die Studierenden sich Veränderungen in der Hochschulpolitik wünschen oder dass es mehr um ihre Bedürfnisse gehen soll, Stichwort bayerische Verhältnisse, dann müssen sie wählen gehen oder sich in ihrem Fachschaftsrat oder einer Hochschulgruppe engagieren.
Medium: Ihr scheint viel Spaß an der Arbeit zu haben, gleichzeitig klingt es aber auch wenig optimistisch. Wie passt das zusammen?
AG Wahlen: Natürlich macht es uns Spaß, aber gleichzeitig muss man das Ergebnis der Arbeit im Auge behalten: Die Wahlbeteiligung muss steigen. Was wir machen, finden wir wichtig, aber es wäre viel mehr notwendig. Häufig kriegt man außerhalb des Wahlkampfs wenig mit von der Hochschulpolitik oder was in Fachschaftsräten vor sich geht. Es benötigt viel mehr Öffentlichkeitsarbeit, um die Arbeit der Fachschaftsräte und des StuPa in die Öffentlichkeit zu tragen. Beschlüsse des StuPa werden nie in die Öffentlichkeit getragen, häufig fehlt bereits der Hinweis auf die Sitzungen oder die Einladung auf der AStA-Website. Gleiches gilt auch für die Fachschaftsräte. Über die FSK (Fachschaftenkonferenz) kriegen wir einige Probleme und Erfolge mit, die breite Öffentlichkeit aber nicht. Das ist allerdings eine Aufgabe, die alle Engagierten in der Uni angehen müssen. Und dies nicht nur einmal im Jahr zur Wahl.
Medium: Und glaubt ihr, die Wahlbeteiligung wird dieses Jahr wieder steigen?
AG Wahlen: Natürlich, die Leute sehen unsere Plakate und wissen, was zu tun ist! Aber Spaß beiseite: Wir würden uns über eine höhere oder zumindest gleichbleibende Beteiligung freuen. Allerdings sind wir uns auch bewusst, dass dies nicht nur durch Plakate erreicht werden kann. Auch hier benötigt es mehr Engagement von anderen beteiligten Gruppen. Wir brauchen eine höhere Wahlbeteiligung, mehr Menschen, die sich engagieren und so die Universität gestalten. Aber wie es genau aussehen wird, das werden wir erst Donnerstag erfahren, wenn die Auszählung* vorbei ist. Die ist übrigens öffentlich und alle Studierenden können zuschauen oder auch helfen. Im Anschluss gibt es auch eine Freibierparty im K19.
*Die Auszählung findet am Donnerstag, den 21.06.2018, ab 18 Uhr in der Nora-Platiel-Straße 4 in Raum 0207 statt.
Übersicht der AG Wahlen Plakate 2018: