Wahlergebnisanalyse der Wahl zum Studierendenparlament 2018 – oder: Das Leben nach dem hochschulpolitischen Erdbeben

 

Bei der Wahl zum Studierendenparlament 2018 ist es vergangene Woche zu einem Erdrutschsieg des Wahlbündnisses aus Grüner Hochschulgruppe und Kooperative Witzenhausen gekommen, den wohl so niemand erwartet hätte (wir berichteten). So ist es kein Wunder, dass bei der anschließenden Wahlparty am Donnerstagabend bei Mitgliedern und Sympathisanten der Grünen Hochschulgruppe* ausgelassene Freude vorherrschte, während im Juso Lager die Partystimmung nicht so wirklich aufkommen wollte.

Aber genug aus der Vergangenheit, ab jetzt blicken wir nach vorne. Während zwischen den verschiedenen Hochschulgruppen wahrscheinlich schon die ersten Sondierungsgespräche laufen, soll an dieser Stelle erörtert werden, welche Koalitionsbündnisse zur AStA Bildung rechnerisch möglich sind und als wie wahrscheinlich sie eingeschätzt werden können.

Folgende Besetzung habt ihr mit eurer Stimme in das kommende StuPa gewählt:

Grüne Hochschulgruppe -> 11 von 25 Sitzen

Juso Hochschulgruppe -> 7 von 25 Sitzen

Unabhängige Linke Liste -> 3 von 25 Sitzen

Die Linke SDS -> 2 von 25 Sitzen

Liberale Hochschulgruppe -> 2 von 25 Sitzen.

Um eine Mehrheit im Studierendenparlament zu haben, benötigt das kommende AStA Bündnis folglich mindestens 13 Sitze. Daraus ergeben sich rechnerisch folgende mögliche Optionen:

Rot Grün, oder – Der Klassiker

Aktuell wird der AStA von den Listen Juso Hochschulgruppe und Grüne Hochschulgruppe gestellt. Dieser Klassiker wäre auch dieses Mal möglich, jedoch mit geänderten Vorzeichen. Nicht nur, dass angesichts einer Koalitionsstärke bei 18 von 25 Sitzen die Bezeichnung Große Koalition stark untertrieben sein dürfte. Die Jusos müssten darüber hinaus auch bereit sein, sich zum Junior Partner degradieren zu lassen, was gleichbedeutend mit dem Verlust des AStA Vorsitz sein dürfte. Auch sonst bliebe abzuwarten, ob sich beide Listen angesichts der StuPa Dominanz der Grünen Hochschulgruppe als Partner auf Augenhöhe betrachten würden.

Für dieses AStA Bündnis spricht hingegen die Bewährtheit der Koalition. Beide Listen haben relativ viele Schnittpunkte in ihren Wahlprogrammen. Außerdem hätte man auf diese Weise eine Koalitionsstärke, welche notfalls auch den ein oder anderen Ausfall im StuPa problemlos kompensieren könnte. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich die beiden Listen auch unter den neuen Vorzeichen für eine Verlängerung ihrer Partnerschaft entscheiden.

Grüne + X

Bedingt durch ihr starkes Wahlergebnis hat die Grüne Hochschulgruppe freie Wahl, mit wem sie koaliert. Es würde also auch schon ein sitzmäßig relativ kleiner Partner ausreichen. Während eine Koalition mit der Unabhängigen Linken Liste oder SDS programmatisch recht naheliegend wäre, müssten bei einem Grün Liberalen AStA Bündnis beide Seiten schon recht starke Kompromissbereitschaft zeigen. Fühlt sich ein großer Teil der Grünen HSG Mitglieder doch eher dem linken Lager angehörig. Ein Bündnis mit den Liberalen dürfte daher wohl bestenfalls nur dann zustande kommen, wenn sowohl mit SDS, LiLi, als auch mit den Jusos keine Einigung erzielt werden kann. Was bei einem Zweierbündnis für die Grüne Hochschulgruppe auf jeden Fall zur Herausforderung werden könnte – ihr Personal! Denn so schön es auch sein mag, einen so großen Teil des StuPas alleine zu stellen – es bindet enorme Ressourcen. Erst recht, wenn zusätzlich noch AStA Personal gestellt werden muss. Ein Zweierbündnis hätte je nach Partner 13 – 14 Sitze. Das bedeutet, beide Koalitionspartner müssen in quasi jeder StuPa Sitzung vollzählig anwesend sein, um ihre Mehrheiten nicht zu riskieren. Auch darf es dann innerhalb der Koalition keine Abweichler geben. Ob dies umsetzbar ist, bleibt abzuwarten.

Grüne + X + Y (+Z)

Alternativ könnte sich die Grüne Hochschulgruppe auch dazu entscheiden, gleich zwei Partner mit ins Boot zu holen. Auf diesem Wege könnte die angespannte Personalsituation etwas entzerrt werden und man hätte mit 16 Sitzen eine relativ stabile Mehrheit. Hierbei stellen sich aber zwei Probleme. Erstens ist dann davon auszugehen, dass innerhalb der Koalition eine größere Kompromissbereitschaft gefordert ist, als nur bei einem Partner. Denn natürlich will jeder Koalitionsteil eigene Akzente setzen. Und zweitens die Frage, welches Dreierbündnis überhaupt realistisch wäre. Am Naheliegendsten wäre wohl Grüne + LiLi + SDS. Hier wäre allerdings insbesondere die Frage zu klären, ob sich SDS und LiLi nach der LiLischen Aufkündigung des Senatsbündnisses und der daraus resultierenden verbalen Schlagabtäusche (siehe etwa das Video der Wahl VV) wieder zusammenraufen können.

Ein Bündnis aus Grüne + LHG + SDS oder LiLi dürfte hingegen noch schwieriger vorstellbar sein. Bräuchte es schon bei einem rein Grün Liberalen Bündnis erhebliche Kompromissbereitschaft, dürfte dieser mit einer LiLi oder einem SDS nochmal schwieriger werden. Prallen hier doch zwei komplett verschiedene Weltanschauungen aufeinander. Inwiefern ein solches Bündnis die gesamte Legislatur über stabil arbeiten könnte, erscheint doch mehr als fraglich.

Bündnis „Alle gegen Jusos“

Wohl nur rein theoretisch wäre auch ein Bündnis aus sämtlichen Hochschulgruppen außer eben der Juso HSG denkbar. Ein solches Bündnis würde, ebenso wie eine Neuauflage der GroKo, auf 18 Sitze kommen. Angesichts der dafür nötigen Integration von so vielen unterschiedlichen politischen Gruppierungen wäre ein solches Bündnis wohl von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Möchte die Grüne Hochschulgruppe wirklich eine solch große Koalitionsstärke erzielen, wäre wohl eher eine Neuauflage von Rot Grün anzuraten…

Jusos + LiLi + SDS + LHG

Möchte die Juso HSG ihren AStA Vorsitz um jeden Preis behalten und dennoch eine Koalitionsmehrheit im StuPa erzielen, gibt es rechnerisch nur eine Möglichkeit hierzu: Sie müsste es schaffen, LiLi, SDS, LHG und nicht zuletzt sich selbst zu einem AStA Bündnis zu einen. Dies wäre wohl ähnlich schwer vorstellbar, wie bei dem eben rein theoretisch betrachteten Bündnis aus Grüne, LiLi, SDS und LHG. Allerdings gibt es hierbei einen entscheidenden Unterschied. Würde der Grünen Hochschulgruppe ein solches Bündnis im Prinzip nichts außer potentiellen Ärger einbringen, könnte die Juso HSG auf diese Weise ihren AStA Vorsitz halten. Ob dies jedoch eine ausreichende Motivation ist, eine solche Herkulesaufgabe zu stemmen, werden die nächsten Wochen zeigen…

Minderheitenkoalition – Eine weitere (rein theoretische?) Option

Abseits von den Rechenspielen nach der nötigen Mehrheit gibt es noch weitere Optionen. Sowohl Grüne HSG, wie auch die Juso HSG, könnten eine Koalition bilden, welche die eigentlich nötige Mehrheit von 13 Sitzen knapp verfehlt. Die fehlenden Stimmen müssten dann von Thema zu Thema von den anderen im StuPa vertretenen Listen gewonnen werden.

Bei den Grünen wäre dies dann der Fall, wenn sie sich dazu entscheiden sollten, den AStA komplett alleine stellen zu wollen und somit keine weiteren Bündnispartner mit ins Koalitionsboot nimmt. Da die Grüne HSG bekanntlich über 11 Sitze im StuPa verfügen wird, würden ihnen entsprechend zwei Stimmen fehlen. Ob sie es insbesondere bei der Wahl des AStA schaffen würden, permanent zwei tolerierende Stimmen von anderen Listen zu bekommen, dürfte eine spannende Frage sein. Hinzu kommt der bereits angesprochene Personalaufwand, der bei einem rein grünen AStA nochmals höher wäre. Insbesondere letzteres lässt es doch als sehr fraglich erscheinen, dass sich die Grüne HSG auf solch eine äußerst riskante Aktion einlässt. Das Risiko des Scheiterns wäre immens.

Anders sieht es bei einer Minderheitenkoalition aus Jusos, LiLi und SDS aus. Ein solches Bündnis käme immerhin auf 12 der 13 benötigten Sitze. Das heißt, man müsste lediglich eine Stimme bei der Opposition einwerben. Hinzu kommt: Die Jusos verfügen zahlenmäßig über ausreichend aktives Personal, so dass sie ihre StuPa Sitze + ihr AStA Personal wohl relativ problemlos abstellen könnten. Bliebe noch zu klären, ob die Jusos ein solches Risiko eingehen wollen und natürlich, ob sie es schaffen, die offenbar vorhandenen Differenzen zwischen LiLi und SDS zu kitten.

Prognose

Wer wird aber nun das Rennen machen? Am wahrscheinlichsten dürfte derzeit wohl ein Bündnis aus Grüner HSG + LiLi und/oder SDS sein. Darauf deutet momentan zumindest sehr viel hin, da es die Option wäre, wo die Grünen am Ehesten ihre Forderungen durchsetzen könnten. Bleibt nur noch die Frage zu klären, ob sie mit der LiLi oder dem SDS eine bessere Basis finden. Sollte den Grünen ein solches Zweierbündnis als zu wacklig erscheinen, führt wohl kein Weg an einer Zusammenarbeit gemeinsam mit der LiLi und dem SDS vorbei.

Deutlich geringer dürfte die Wahrscheinlichkeit auf eine Neuauflage der aktuellen großen Koalition sein. Realistisch betrachtet kommt diese wohl nur dann in Betracht, wenn mit LiLi und SDS absolut keine Einigung möglich erscheint.

Sollte auch in dieser Konstellation keine Einigung erzielt werden, ist vermutlich eine Minderheitenkoaliton aus Jusos, LiLi und SDS wahrscheinlich. Es wäre zwar eine Herausforderung, aber durchaus machbar. Auch könnte es der Demokratie guttun, wenn öfter mal offen im StuPa verhandelt werden muss und nicht alle Anträge bereits in der Koalitionssitzung quasibeschlossen werden können.

Nahezu unrealistisch dürfte ein Bündnis aus Jusos, LiLi, SDS und LHG sein. Zwar würden die Jusos so ihren AStA Vorsitz behalten – der Preis hierfür wäre jedoch hoch und die Koalition wohl ein Pulverfass. Da wäre vermutlich selbst das eben besprochene Minderheitenbündnis aus Jusos, LiLi und SDS stabiler.

Die konstituierende Sitzung findet am Mittwoch, den 04.07.18 ab 18:30 Uhr im Institut für Sport am Auestadion statt. Spätestens da werden wir erfahren, ob sich bereits eine AStA Mehrheit gefunden hat und wie diese ggf. aussieht. Kommt doch vorbei! Jeder eingeschriebene Student hat Rederecht, somit könnt ihr die Kandidaten direkt vor Ort befragen!

*  Aus Gründen der Lesbarkeit wird fortan nur noch von der “Grünen Hochschulgruppe” gesprochen. Gemeint ist selbstverständlich weiterhin das Wahlbündnis aus Grüner Hochschulgruppe und Kooperative Witzenhausen.

2 Antworten auf „Wahlergebnisanalyse der Wahl zum Studierendenparlament 2018 – oder: Das Leben nach dem hochschulpolitischen Erdbeben“

  1. Als Mitglied der GHK möchte ich darauf hinweisen, dass es diese Legislatur weder eine Liste noch eine Fraktion mit dem Namen “Grüne Hochschulgruppe” gibt.
    Wir befinden uns in einem Bündnis mit der kooperative Witzenhausen. Auch wenn es noch keinen offiziellen Namen für unsere gemeinsame Fraktion gibt, würde ich darum bitten, uns “Grüne Kooperative”, oder ähnliches zu nennen;)
    Danke euch trdm für den Artikel

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