Aus unserer Ausgabe Oktober/November 2017
Das erste Semester ist für viele Studierende aufregend. Viele sind in einerneuen Stadt, manche ziehen auch einfach zum ersten Mal zu Hause aus. Aber alle haben eines gemeinsam: Ein neues Umfeld, neue Menschen und neue Möglichkeiten. Wie vielfältig die Möglichkeiten jedoch sind, erkennen nicht alle in ihrem Studium. Viele studieren ihr Fach einfach durch, kommen zur Uni, gehen in Vorlesungen und Seminare, lernen zu Hause oder in der Bibliothek, gehen auf Partys und müssen nebenher arbeiten, um sich das Studium überhaupt leisten zu können. Doch ein großer Teil engagiert
sich nebenher im Studium, sei es politisch oder in sozialen Initiativen. Genau um diese geht es hier.
Während wir alle in der Schule gelernt haben pünktlich zu sein, zuzuhören, unsere Hausaufgaben zu machen und immer wieder daran erinnert zu werden, dass wir auch mündliche Noten kriegen, ist dies in der Uni anders. Es gibt keine platten Vorgaben von Lehrern. Die Anwesenheit darf nur in den seltensten Fällen überhaupt verlangt werden und mündliche Mitarbeit ist erwünscht, sollte sogar das Ziel von jedem Menschen sein, aber es gibt keine Noten darauf. Die Studierenden genießen also einige Freiheiten, die in der Schule nicht existierten. Auch die Schülervertretungen, in den meisten Bundesländern nur repräsentativ, und andere Gelegenheiten zum Engagement haben mehr Gewicht.
Die Universität heißt auch umdenken
Viele Studierende werden ihr Studium einfach durchziehen. Zu Vorlesungen gehen, Prüfungen ablegen und danach ins Berufsleben ziehen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Jedoch kann die Universität sehr viel mehr sein als eine Bildungsstätte. Und dies sollte nicht nur deshalb geschehen, weil mittlerweile sogar Personaler in Unternehmen die Wichtigkeit von sozialem Engagement und Soft Skills hervorheben, so wie wir es alle paar Monate in den großen Tageszeitungen lesen können. Durch das Hochschulgesetz wird den Studierenden in vielen Angelegenheiten ein Mitspracherecht eingeräumt, wie bei der Erlassung von Prüfungsordnungen und –vorschriften. Aber auch aus anderen Gründen sollten sich Studierende engagieren. Auch Lehrende erwarten mehr als nur Schüler. Wir sollen diskutieren, Ideen austauschen und uns einmischen – und natürlich Bestnoten erzielen. So zumindest der Idealfall. Doch gilt in der Uni auch, dass sich nicht nur über Missstände aufgeregt werden kann, es kann auch gestaltet werden. Hierzu gibt es viele Möglichkeiten wie die Fachschaften, die Hochschulgruppen, Initiativen und Vereine. Viele Gruppen sind auch außerhalb der Universität aktiv und häufig erhalten Studierende sogar Credit Points dafür.
Wer kann wann, wie, wo und was gestalten?
Die Universität ist mit ihren Strukturen für Erstsemester sehr unübersichtlich. Neben den vielen neuen Eindrücken werden auch immer wieder neue Begriffe fallen, deren Bedeutung zunächst unklar erscheint. So werden Begriffe wie der Fachschaftsrat, das StuPa (Studierendenparlament) oder der AStA (ausgeschrieben der Allgemeine Studierendenausschuss) zunächst unklar sein, doch ist ihre Bedeutung in der Universität hoch. Das StuPa und die Fachschaftsräte werden von den Studierenden jährlich im Sommer gewählt. Sie vertreten die Studierenden im Fachbereich, auf universitärer Ebene und gegenüber der Politik. Die Fachschaftsräte sind die Vertretungen im Fachbereich. Diese kümmern sich dort um alle wichtigen Belange für Studierende. So bestimmen sie in den Fachbereichs-QSL-Kommissionen über die Verteilung von Geldern für die Forschung und Lehre mit oder können auch eigene Anträge für Seminare einbringen und in der Lehrplanung mitbestimmen. Sie mischen sich bei der Besetzung neuer Professuren ein und schreiben an Prüfungsordnungen mit. So können sie direkt die Gestaltung der Lehre beeinflussen. Die meisten veranstalten zudem viele Partys oder andere Abendveranstaltungen wie Film- oder Spielabende.
Während die Fachschaftsräte zumeist von Studierenden aus den Fachbereichen besetzt werden, die einfach mitmischen wollen, setzt sich das Studierendenparlament aus verschiedenen Hochschulgruppen zusammen. Das Studierendenparlament wählt darüber hinaus den AStA, ähnlich wie der Bundestag die Bundesregierung. Derzeit sind im Kasseler Studierendenparlament acht Hochschulgruppen vertreten. In der derzeitigen Legislaturperiode bilden die Juso-Hochschulgruppe und die Grüne Hochschulgruppe den AStA. Ihre Koalition verfügt über 15 der 25 Parlamentssitze. Das Studierendenparlament hat unter anderem die Aufgabe den Haushalt der Studierendenschaft zu beschließen und den AStA zu wählen. Zusätzlich muss es den AStA kontrollieren und größere Ausgaben des AStA genehmigen.
Der AStA als Exekutivorgan verfügt jedoch über die meisten Gestaltungsmöglichkeiten. Der AStA wird in Referate gegliedert. Derzeit gibt es acht Stück, mit ihnen zugeteilten Themenschwerpunkten. Hierzu gehört auch das Kulturzentrum K19, in welchem regelmäßig Veranstaltungen durchgeführt werden, seien es Partys, Slams, Lesungen oder ähnliches. Darüber hinaus ist der AStA für viele Dinge verantwortlich. So wurde in den letzten Jahren das Kulturticket durch ihn eingeführt und es wurden Versuche unternommen, das Semesterticket auszubauen. Doch auch im hochschulpolitischen Bereich gibt es die Aussicht, die Universität zu verändern. Die ASten der letzten Jahre konnten beispielsweise einen einmaligen vierten Prüfungsversuch durchsetzen und die Rechte von Studierenden stärken, wie die Verpflichtung von Lehrenden, eine Klausureinsicht anzubieten. Der Gestaltungsspielraum ist enorm, doch werden die Stellen zumeist durch die Hochschulgruppen besetzt. Ein Referat steht den Fachschaften zu. Nur wenige Stellen werden ausgeschrieben. Dies erscheint auch sinnvoll, da hinter den Stellen auch Projekte der Hochschulgruppen stehen. Wer also die Uni gestalten will, sollte zumindest darüber nachdenken, sich einer dieser Gruppen anzuschließen.
Außerhalb dieser formellen Strukturen, gibt es jedoch weitere Chancen sich zu engagieren. Für Gewerkschafter gibt es die DGB-Hochschulgruppe. Diese bietet regelmäßig Bildungsveranstaltungen an. Wer später einmal in eine Unternehmensberatung gehen will, kann erste praktische Erfahrungen im Consulting Team Kassel sammeln. Dies ist ein Verein, der Beratungsprojekte für Unternehmen aus Kassel durchführt. Zu den Kunden zählt unter anderem die Sparkasse. Wer einmal in die (politische) Bildung gehen will, dürfte sich bei den Kopiloten gut aufgehoben fühlen. Diese bieten jedoch nicht nur Bildungsveranstaltungen an, sondern führen auch viele Projekte durch. In der Vergangenheit wurden mit Kasseler Schülerinnen und Schülern Medienprojekte durchgeführt oder über Hatespeech im Internet aufgeklärt. Einen Überblick über alle Vereine und Initiative kann hier jedoch nicht gegeben werden, da es einfach zu viele von ihnen gibt. Einen guten Einblick bietet jedoch das Dschungelbuch, in welchem viele Vereine und Initiativen sich vorstellen.
Eike Ortlepp